Sinkende Aktienrisikoprämien:
Es gibt wieder Alternativen

Sinkende Aktienrisikoprämien: Es gibt wieder Alternativen

Apr 25, 2023

Die Zinsen sind zur Freude aller Anleiheinvestoren zurück. „There is no alternative“ war lange Zeit das Argument der Bullen am Aktienmarkt. Dividendenwerte galten als alternativlos, weil mit Sparbuch, Festgeld und Anleihen keine nennenswerten Zinsen zu verdienen waren. Inzwischen hat sich das Bild geändert:

Der Zins ist zurück und damit auch die Bewertungssicht auf Aktienanlagen.

Aktienrisikoprämie
Grafik 1: Darstellung der Aktienrisikoprämie des S&P 500 seit 2008. Die Aktienrisikoprämie ist die Differenz der erwarteten Rendite des S&P500 Index und der Rendite einer 10-Jährigen US-Staatsanleihe

Der Gradmesser für die Attraktivität von Aktien im Vergleich zu Anleihen ist auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 10 Jahren. Die sog. Aktienrisikoprämie, also die Überschussrendite, die Anleger für eine Anlage über dem risikofreien Renditesatz verlangen, ist deutlich unter zwei Prozent gefallen (vgl. Grafik 1).

Bereits vor der Coronakrise war die Aktienrisikoprämie rückläufig. Die Zukunftsaussichten für die Wirtschaft und den Aktienmarkt wurden von Anlegern positiv eingeschätzt, was zu steigenden Aktienkursen und damit einem Rückgang der Aktienrisikoprämie führte. Jetzt ist es aber anders. Der risikofreie Zins ist angestiegen, während die Rendite von Aktien konstant geblieben ist.

Der Rückgang der Aktienrisikoprämie stellt nun eine Herausforderung für Aktien dar. Aktien müssen auf lange Sicht eine höhere Rendite versprechen als Anleihen. Andernfalls würde die Sicherheit von Staatsanleihen das Risiko aufwiegen, dass Aktien einen Teil, wenn nicht sogar das gesamte Geld der Anleger verlieren.

Die Anziehungskraft von Aktien hat nachgelassen, als die Anleiherenditen in die Höhe schossen.

Die Aktienrisikoprämie ist ein wichtiges Konzept im Finanz- und Anlagemanagement, da sie Anlegern und Analysten hilft, die erwarteten Erträge verschiedener Anlagemöglichkeiten zu bewerten und fundierte Anlageentscheidungen zu treffen.

Neben der Aktienrisikoprämie gibt es weitere Risikoprämien, die Anleger für die Übernahme verschiedener Arten von Risiken entlohnen. Zu nennen wären hier beispielsweise die Kreditrisikoprämie oder die Volatilitätsrisikoprämie.

Letztere ist trotz des neuen Zinsumfeldes konstant geblieben und bietet sich daher sehr gut als Alternative zu Aktienrisikoprämie an.

Die Volatilitätsrisikoprämie spiegelt die Vergütung wider, die Investoren für das Bereitstellen einer Versicherung gegen Marktverluste erhalten. Sie existiert geografisch in allen Ländern und in vielen Assetklassen aus dem gleichen Grund wie jede Versicherungsprämie: Investoren suchen Schutz vor negativen Ereignissen.

Und da Marktteilnehmer eher risikoavers agieren und dazu neigen, die Wahrscheinlichkeit von extremen Marktereignissen zu überschätzen, ist die Volatilitätsrisikoprämie in nahezu jedem Marktumfeld üppig vorhanden – unabhängig vom aktuellen Zinsniveau.

Langfristig gesehen ist die Volatilitätsrisikoprämie im Vergleich zur Aktienrisikoprämie damit deutlich stabiler und bietet eine höhere Gewinnwahrscheinlichkeit (vgl. Grafik 2).

Volatilitätsrisikoprämien im Vergleich zu Aktienrisikoprämien

Grafik 2: Vergleich der Aktienrisikoprämie (links) im Vergleich zur Volatilitätsrisikoprämie (rechts) des DJ EuroStoxx 50 basierend auf monatlichen Daten seit 2000.Als Aktieninvestor wir die Aktienrisikoprämie durch eine LONG-Position vereinnahmt. Die Volatilitätsrisikoprämie wird durch eine SHORT-Position vereinnahmt.

Optionen sind im Finanzbereich eine Art Versicherung, die Zugang zur Volatilitätsrisikoprämie bieten. Das Ziel eines Optionskäufers ist es im Allgemeinen einen Vermögenswert gegen Verluste abzusichern. Das Ziel eines Optionsverkäufers hingegen ist es im Allgemeinen vom Verkauf einer Option zu profitieren. Der Optionskäufer zahlt vorab die sog. Optionsprämie, die vom Verkäufer vereinnahmt wird. Die Optionsprämie ist ähnlich wie bei den meisten Versicherungsverträgen eine Prämie, die der Verkäufer als Ausgleich für die Übernahme eines Schadens- bzw. Verlustfalles erhält.

Grafik 3: Anstieg der Renditeerwartung von Short Volatilitätsfonds aufgrund der gestiegenen Basisverzinsung im Anleiheportfolio

Bei sog. Short Volatility Fonds, die also durch den Verkauf von Optionen die Volatilitätsrisikoprämie vereinnahmen, wird aufgrund der derivativen Umsetzung nur wenig Cash benötigt. Der größte Teil des Fondsvolumens (>90%) wird daher in ein Anleiheportfolio (Basisportfolio) investiert. Das Anleiheportfolio dient dabei als Sicherheit für die Derivategeschäfte gegenüber dem jeweiligen Kontrahenten.

Bis vor kurzem wurde dieses Basisportfolio nicht verzinst, verursachte sogar meist Negativzinsen. Dank des neuen Zinsumfeldes ist die erwartete Rendite solcher Short Volatility Fonds nun deutlich gestiegen (vgl. Grafik 3). Das Basisportfolio liefert allein ca. 3% Rendite p.a. mehr als noch vor einigen Jahren.

On top kommt die Volatilitätsrisikoprämie, die im derzeitigen Zinsumfeld weiterhin attraktiv ist. Durch die jüngsten Marktturbulenzen hat diese Risikoprämie sogar noch an Attraktivität dazugewonnen.

Aus Renditegesichtspunkten sind Short Volatilitätsfonds durch die Kombination aus Anleiheportfolio und Derivateportfolio stärker denn je zu einer echten Alternative in einem gemischten Portfolio geworden.

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